In Einzelaktien statt ETF investieren?

Einzelaktien statt ETF oder lieber doch nicht…? Wie ich schon in der Vergangenheit erwähnt habe, steht mein Vermögensaufbau auf mehreren Standbeinen bzw. Säulen. Unter anderem investiere ich auch in ETF und natürlich Einzelaktien von bestimmten Unternehmen. Nun da mein Portfolio mit der Zeit wächst – und mit dem Portfolio natürlich auch mein Knowhow in Sachen Börse und Investieren, frage ich mich, ob es nicht mehr Sinn macht, die ETF durch Einzelaktien zu ersetzen.

Inhaltsverzeichnis

Wieso spiele ich mit dem Gedanken in Einzelaktien statt ETF zu investieren?

Hierfür gibt es gleich mehrere Gründe. Ein Grund kurzum: Laufende Kosten! Einer der Nachteile von ETF sind nämlich die jährlichen laufenden Kosten, unter anderem ablesbar an Kennzahlen wie dem TER (Total Expense Ratio) des jeweiligen ETF. Wie ich an anderer Stelle schon mehrfach festgestellt habe, sind ETF wesentlich günstiger als aktiv gemanagte Fonds. Günstiger heißt aber leider auch, dass sie eben nicht kostenlos sind.

Verstehe mich nicht falsch, ich fordere keinesfalls von ETF-Anbietern wie Comstage oder iShares, dass sie den kompletten Index abbilden und das Ganze nur aus Nächstenliebe für lau. Aber auch ein TER von beispielsweise 0,3 % p.a. laufende Kosten, bedeutet bei einem Beispiels-Depot mit einer Gesamtsumme von 200.000 Euro, dass dir immerhin jährlich 600 Euro Kosten entstehen und deine Rendite mindern.

Natürlich wird das Geld nicht per Brief von dir eingefordert, sondern einfach von deinem Gewinn durch den ETF-Anbieter einbehalten. Aber das eben IMMER, also auch bei fallenden Märkten. Die laufenden Kosten sind fix.

Ich habe mittlerweile so meine Probleme mit laufenden Kosten, sei es durch Versicherungen, Mitgliedschaften, Abos oder anderen Verbindlichkeiten. Ich bin der Meinung, dass laufende Kosten oftmals überflüssig sind und teilweise wie Mühlsteine um deinen Hals hängen und dich ausbremsen in Sachen Vermögensaufbau. Weniger ist da meiner Meinung nach immer mehr.


Durchschnittliche Marktrendite

Ein weiterer „Nachteil“ ist: Der ETF ist ein passives Konstrukt und kauft immer nur den Markt. Es ist mit ETFs nicht möglich, dauerhaft den Markt zu schlagen. Von Profis wie Warren Buffett mal abgesehen, schaffen das je nach Quelle etwa nur 5-10 % der professionellen Investoren. Wohlgemerkt: Das sind die Big Player!

Wenn noch nicht mal sie den Markt regelmäßig schlagen können, wie soll ich es dann als Privatinvestor schaffen?! Somit bieten die ETF den Vorteil, immer die Rendite mit dem Markt zu gehen, aber eben auch den Nachteil, diesen nie outzuperformen. Mit Einzelaktien kann man immer mal Glücksgriffe machen und eine Wertsteigerung von 200 Prozent oder noch mehr im Einzelfall erreichen und den Markt deutlich übertreffen. Aber wie gesagt, es ist eher Glück.

Wenn man ganz penibel ist, dann erreichen die ETF in der Regel nicht mal den Markt, da man die laufenden Kosten natürlich immer abziehen muss. Macht der MSCI World in einem Jahr 7 % Rendite, dann macht der ETF mit 0,2 % laufenden Kosten rechnerisch eben nur 6,8 % Rendite in diesem Jahr.

Streng genommen entscheidet man sich also mit einem ETF immer dafür, rechnerisch dauerhaft unter dem Markt zu performen.

ETFs sind Finanzprodukte

Nunja, dieses Argument werden mir die ETF-Jünger sicherlich negativ ankreiden. Dennoch ist es Fakt, dass alle ETF und Fonds Produkte der Finanzindustrie sind. Einzelaktien hingegen sind die direkten Beteiligungen an Unternehmen, quasi die „Basiswerte“ und vollkommen transparent. Ohne Mittelsmann in Form eines Fonds. Wo Nestlé draufsteht, ist auch Nestlé drin.

Nur weil sie Finanzprodukte sind, sind ETF meiner Meinung nach aber nicht unbedingt risikoreicher als Aktien. Ich denke da sind die Regulierungen streng genug, dass man heutzutage mit einem ETF im Normalfall nicht sein ganzes Geld verlieren dürfte (im Sinne von unseriös aufgelegt etc.).

Ich halte ETF tatsächlich für tolle Produkte, weshalb ich sie auch zur Altersvorsorge selbst nutze. Es sind und bleiben aber eben „Produkte“.

Einzelaktien sind wesentlich transparenter. Hier weißt du immer ganz genau, was mit deinem Geld geschieht. Bei ETF gibt es Transaktionen innerhalb des Fonds, die dir zwar in ihrer Höhe in den Prospekten und Jahresberichten transparent erläutert werden, Kontrolle darüber hast du aber in keinster Weise.

Du weißt nicht, wieviel Boni die ETFs ihren Managern auszahlen, welche Derivategeschäfte parallel im ETF betrieben werden, um die Performance des Index zu erreichen etc.

Also lieber Einzelaktien statt ETF?

So einfach mache ich es mir dann aber auch nicht. Einzelaktien haben den Vorteil, dass man mit ihnen den Markt übertreffen kann. Bei einem Anlagehorizont von 20 Jahren + wird dies aber wohl nicht durchgehend jedes Jahr möglich sein. Zudem gehört viel Depotpflege und damit verbundene Transaktionen dazu, um ggf. den Markt zu schlagen. Transaktionskosten mindern deine Rendite, sind daher ebenfalls Gift.

Wenn Einzelaktien, dann also nach dem Motto „Buy and Hold and Check„. Kurzfristige Trades machen einfach keinen Sinn von der Kostenseite her.

Einzelaktien verursachen hingegen im Gegensatz zu ETF keine laufenden Kosten. Einmal im Depot bleiben sie da bis zum Sankt Nimmerleinstag (oder bis das Unternehmen pleite geht und die Aktien liquidiert werden). Sie verursachen zwar einmalige Kaufkosten, aber sorry, um die kommt man einfach nicht herum. Diese fallen auch bei ETF immer an.

Stichwort Diversifikation: Mit einem ETF auf den MSCI World oder FTSE All-World kaufst du dir 1600-3500 Unternehmen mit nur einem Wertpapier ein. Eine breitere Streuung ist fast nicht machbar. Preis dafür ist, dass du auch viele „Müll-Unternehmen“ mit drin hast, die du so sonst nie kaufen würdest.

Sahnestücke selbst wählen

Wenn du einzelne Unternehmen in dein Portfolio kaufst, hast du die Möglichkeit, in nur solche Unternehmen zu investieren, in die du auch wirklich investieren möchtest. Du kannst dir also die Perlen selbst heraussuchen. Wenn sie am Ende aber nur Glasperlen sind, trägst auch nur du dafür die Verantwortung. No Risk, no Fun.

Bei Einzelaktien ist es enorm wichtig, dass du dich auch selbst um die passende Diversifikation kümmerst. Wie viele Einzelaktien ausreichend sind, variiert von „Experte“ zu „Experte“. Manche sprechen von 100 Unternehmen, die man kaufen sollte, andere von 20-30. Aus dieser Diskussion halte ich mich persönlich raus. Ich denke, dass es das wichtigste ist, viele Branchen und Länder abzudecken und sich dabei wohl zu fühlen.

Ich persönlich erachte inzwischen eine Anzahl von 15-25 Unternehmen als ausreichend. Großer sollte die Schafsherde einfach nicht werden, immerhin solltest du ja noch die Namen aller Schafe kennen 😉

Wenn jemand 20 Bankaktien kauft, ist das natürlich nicht diversifiziert. Genauso wenn jemand nur Autoaktien kauft. Wenn man aber Konsum-Aktien, Auto-Aktien, Nahrungsmittel-Aktien, Energieversorger, Telekommunikationsunternehmen und Minenaktien mischt, kann dabei eine sehr gute Diversifikation rauskommen, die vielleicht sogar den Markt schlägt.

Was also tun?

Die Mischung machts

Nachdem ich nun lange Zeit darüber nachgedacht habe, um meine Strategie zu verfeinern, habe ich mich persönlich erstmal für einen kombinierten Ansatz entschieden. Anstatt „entweder oder“ heißt es einfach „sowohl als auch“. Ich habe keine Ahnung, ob mich die „Experten“ mit der Strategie in der Luft zerreißen, ist mir aber auch egal. Meine Mischstrategie sieht folgendermaßen aus:

  • 1-3 ETF per Sparplan besparen (MSCI World + MSCI EM oder ACWI, Dividenden-ETF)
  • 20-35 Einzelaktien per Einmalkäufe ab 2000 Euro pro Unternehmen

[Anmerkung: Inzwischen kaufe ich Einzelaktien nur noch als Einmalkäufe. Die ETF lasse ich weiter als Sparplan laufen. Die Gründe dafür gibt’s hier.]

Wieso mache ich das?

Durch die ETFs habe ich den Markt in meinem Depot. Will heißen ich habe eine gewisse Grundsicherung, mein persönliches „Core-Depot“, das gleichzeitig auch als meine Altersvorsorge dient. Alles was der Altersvorsorge dient, wird per Sparplan umgesetzt. Der disziplinierende Effekt ist einfach nicht zu unterschätzen.

Diese ETF gehen dann mit dem Markt und verursachen oben genannte laufende Kosten. Da die ETF aber noch weit davon entfernt sind, mir wirklich Schmerzen zu bereiten hinsichtlich der Kosten, lasse ich sie die nächsten Jahre und Jahrzehnte einfach weiterlaufen. Der Dividenden-ETF schüttet vierteljährlich Dividende aus, die anderen beiden sind Thesaurierer (was der Unterschied ist, siehe hier).

[Anmerkung: Inzwischen bespare ich zur Altersvorsorge nur noch einen Welt-ETF, der Ausschütter ist. Grund hierfür: Die Investmentsteuerreform unserer Regierung mit ihrer besch*** Vorabbesteuerung]. Weitere Gründe für nur einen WELT-Etf habe ich hier erläutert.

Die Einzelaktien von ausgewählten Unternehmen bescheren mir darüber hinaus regelmäßige passive Dividende und ggf. profitiere ich von Kurssteigerungen. Ich werde damit zwar nicht den Markt übertreffen (im Einzelfall vielleicht doch?), aber der ist ja sowieso mit den ETF schon im Depot. Wenn ich mit der einen oder anderen Aktie den Markt schlage, umso besser. Das zieht dann ggf. meine Gesamtrendite mit über den Durchschnitt der ETF mit hinaus.

Die Dividende werden in Einzelaktien reinvestiert und sorgen für den wichtigen Zinseszinseffekt. Die ETF sind inzwischen alle Ausschütter, somit sorgen sie für ein zusätzliches passives Einkommen.

Sollten die ETF irgendwann eine kritische Größe erreicht haben wo mich die laufenden Kosten dann wirklich stören, kann ich diese immernoch verkaufen und auf die Einzelaktien verteilen und dadurch die Dividenden erneut boosten. Aus Gründen der Altersvorsorge sehe ich davon aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ab.

Krieg der Welten

Ob man nun Einzelaktien oder ETF wählt, ist meistens auch einfach eine Glaubensfrage. Es gibt Fachliteratur, die mal die eine Strategie verfolgt und die andere verteufelt und umgekehrt. Die angeführten Argumente sind hierbei stets einleuchtend. Somit sieht es auch die Fachwelt nicht einheitlich, was es für den Privatanleger nicht unbedingt einfacher macht.

Position pro ETF / contra Einzelaktien:

Position pro Einzelaktien / contra ETF:

Fazit

Mit dieser meiner Verfahrensweise fahre ich bislang sehr gut. Wenn ich mich aber dafür entscheiden müsste, mich von etwas zu trennen, dann wären es momentan wohl eher die ETF, anstatt meine Lieblinge, die Einzelaktien. Natürlich bin ich mir darüber bewusst, dass diese Strategie nicht mehr wirklich passiv ist.

Da mir das Thema Investieren und die Beschäftigung damit aber ohnehin viel Spaß macht, schreckt mich auch der höhere „Pflegeaufwand“ des Einzelaktiendepots nicht wirklich. Man braucht einfach mehr Zeit, Wissen und Know-How. Das ist leider so.

Für Anfänger und faule Menschen, die sich ein „Allwetter-Depot“ einrichten möchten und sich anschließend nicht mehr groß darum kümmern möchten, denke ich trotz der laufenden Kosten, dass ein ETF-Portfolio nach Gerd Kommer* für diese besser geeignet ist. Das ist aber nur meine Meinung.

Wie findest du den Ansatz mit den ETFs und Einzelaktien? Wie gehst du für dein Alter vor?

14 Kommentare

  1. Wenn es um Einzelaktien geht, da bin ich ja ein Freund von. Mit ETFs kann ich zwar einen Markt abdecken, bekomme aber auch nur eine Durchschnittsrendite aller Titel und zahle noch Gebühren. In Zeiten wir aktuell mit Corona und dem parallelen Crash am Ölmarkt ist das doch echt wenig. Einzelne Titel können da so viel mehr bringen, wenn man sich z.B. die Ölaktien aktuell anschaut. Das bildet mit doch kein ETF ab, da muss man Einzelaktien nehmen um eine wirklich gute Rendite einzufahren.

    1. Grüß Dich Marko !

      Nein, habe jetzt erst 23000€ im Depot (für 1 Jahr allerdings schon ziemlich gut). Da ich vermute, dass du auf das Sondervermögen hinaus willst: Ab der magischen Summe werde ich die Aktien in ein anderes Depot überführen, oder ein neues eröffnen und nur gewisse Werte wie beispielsweise die ETFs im alten Depot belassen. Bei Aktien werden Gewinne nun mal häufiger realisiert, so dass wohl eher Fall 2 eintreten wird.

    2. Hallo Marco,

      Nein, das mache ich bei mir bewusst nicht. Das hängt zum einen damit zusammen, dass ich gerne auch meine Gesamtperformance im Auge habe und ich es andererseits auch gerne einfach und übersichtlich habe.

      Auch dass manche Broker günstiger bei ETFs oder Einzelaktien sind, spielt bei mir keine entscheidende Rolle. Wenn ich in der Regel 4-stellige Beträge trade, dann sind mir ein paar Euro hin oder her egal.

      So handhabe ich es zumindest 🙂

      Liebe Grüße

  2. Schön zu sehen dass es noch andere Menschen gibt, die sich eher von ihren ETFs anstatt von ihren Einzelwerten trennen würden. Geht mir 1:1 genauso. Irgendwann kommt das Interesse an den Einzelwerten. Die Lernkurve verläuft sehr steil………nach kurzer Zeit experimentiert man nicht mehr nur, sondern greift richtig rein. Und ich habe es nicht bereut ! Vor einem Jahr wusste ich nicht einmal, dass es ETFs gibt. Mittlerweile habe ich 3 Sparpläne auf ETFs mit maximaler Streuung und hoffentlich maximaler Renditemöglichkeit. Ich habe einfach einen S&P 5oo ETF gewählt (der erste Ansatz, die lahmen Enten auszusortieren), sowie einen Mid cap world und small cap world ETF. Aber nach kurzer Zeit ( war 2018 eher sehr deprimierend) begab ich mich auf die Suche nach Werten, welche auch in einem schwierigen Umfeld profitieren können. Und davon gibt es einfach genug ! Man muss nur logisch nachdenken und aktiv an seiner Umwelt teilnehmen……dann kommen genug Erkenntnisse ! Allerdings gebe ich zu, dass man im Gegensatz zum passiven Ansatz, sehr,sehr,sehr aktiv werden muss. Das kostet natürlich Zeit. Das zahlt sich aber durch einen Wissensvorsprung und durch die gute Rendite aus. Ich werde auf jeden Fall nicht nur stumpfsinnig in passive Finanzprodukte investieren. Dafür ist die andere Möglichkeit einfach zu attraktiv !

    1. Hallo Marek,

      Danke für deinen Beitrag. Sehe ich auch so. Einzelaktien sind ebenfalls sehr lukrativ, bringen aber das „Problem“ der Analyse mit sich, welche Zeit und Nerven kostet. Diese aufgewendete Zeit muss sich aber auch auszahlen, Stichwort ROTI (= Return on time invested). Wenn man den ganzen Tag analysiert und tradet und unterm Strich aber statt 7% (ETF) mit Einzelaktien „nur“ auf 8% kommt, dann hat sich das Ganze im Prinzip nicht gelohnt oder nur zu einem sehr schlechten „Lebensstundensatz“. Dann wäre ein Nebenjob statt der Analysezeit vermutlich sinnvoller.

      Liebe Grüße

  3. Ich bin sehr beeindruckt von deinem Konzept mit Cor- und Satelliten-Strategie.
    Auch ich habe seit knapp 6 Mo. begonnen, mit Einzelaktien eine zweite Säule zu errichten und dafür ist natürlich derzeit wunderbar die Gelegenheit, wo soviele Qualitätsaktien derzeit vom „hohen Sockel“ derAllzeithochs herabgestiegen sind, teils verbunden mit Skandalen, erheblich enttäuschten Anlegererwartungen etc..
    Beispiele? SAP; henkel, facebook, apple, wirecard, tencent, alibaba, baidu, BMW, Nvidia, Sixt.
    Weiteres Vorgehen: Ich werde hier weiter auf günstige Gelegenheiten lauern (Kriterium: mind. 15% besser 20% Wertverlust) und Aktien von Unternehmen kaufen, deren Strategie mich langfristig überzeugt.
    Auch ich gebe zu, einige Irrtümer (vermutliche Fehleinkäufe: deutsche bank, fresenius, Xiaomi, Brembo, Activision Blizzard) begangen zu haben. Diese würde ich heute wohl nicht mehr kaufen. Die Positionen sind aber überschaubar und ich kann es mir leisten, hier abzuwarten.
    Tja, die Gefahr des Zockens besteht halt immer und man muss sich wirklich eine Strategie zurecht legen wie Glaubenssätze und sie halt auch immer wieder hervorholen und lesen und weiter daran festhalten. Disziplin, Disziplin…

    Im übrigen halte ich von einer Anzahl von 12-20 Aktien im Depot am meisten, auch hier ist Buffett mal wieder der Vorreiter, der den Spruch mit dem „Harem an Frauen“ wohl gebracht haben soll.

    Noch ein Wort zu der ETF-Strategie:
    Ich bin vom Dividenden-ETF, auch wenn aus dem Hause Vanguard, nicht überzeugt.
    Du verschenkst dabei Rendite. Und die letzten Ausschüttungen dieses ETF hielt sich mit 1,61 € in vergangenen 12 Monaten doch erstaunlich in Grenzen. Ich empfehle da eher einen Global health ETF mit recht ordentlichen Renditen.

    Mein Sparplankonzept wird dir vermutlich gar nicht zusagen, dennoch nenne ich es mal:
    Es ist ein Konzept aus 7 (O.M.G. „sieben“?) ETF und damit decke ich alles ab. Alles Thesaurierer, d.h. es wird sofort reinvestiert.
    Brot und Butter sind dabei drei Fonds aus den USA, die fast alles abdecken:
    S&P 500
    Nasdaq 100
    S&P 600 small
    Dieser US-Anteil beläuft sich immerhin auf 60%!

    Dazu kommen 20% mit einem MSCI World und ein ETF auf MSCI World Health sowie von europäischer Seite kleiner Anteil 10% ETF auf M.Dax und Tec.Dax. (Vergesst die ganzen Europäischen Fonds (Stoxx 50, 600 oder MSCI Europe sowie Dax selbst).
    Tatsächlich sind dann auch noch 10% Emerging Markets dabei. Wer jetzt mitgezählt hat, kommt auf 8 ETF, allerdings überlege ich, den Tecdax nicht mehr weiter zu besparen.
    Warum mache ich das? Warum so krass anders als einen All-Country World-ETF allein? Weil ich gerade die kleineren Unternehmen in den USA und Deutschland nicht im ganz grossen Vanguard-World-ETF wiederfinde, aber gerade die haben oft ganz erfreuliche Wertentwicklungen. Soll jeder mal einen S&P 600 gegen den MSCI World vergleichen oder den MDAX mit einem DAX oder S+P 600 Europe. Auch einen Pharma/Health Global halte ich für ausgezeichnet und ist zudem eher etwas als konservatives Gegengewicht zu den ganzen Tec-Titeln. Aber Tec-Titel/ ETF sind unvermeidbar, will man Wachstum für sein Konzept. Ich habe in den Auf und Abs der Märkte damit insgesamt eben mehr Eisen im Feuer und in der aktiven Sparplanphase ist mir auch egal, ob es hier zu Schwankungen oder evt. erheblichen Einbrüchen kommt. (Dann sind halt die monatlichen gekauften Anteile höher). Natürlich muss ich irgendwann umschichten, aber die nächsten 6-10 Jahre möchte ich dieses Konzept so beibehalten.
    Noch ein Wort zu den Gebühren. Klar schmerzen 0,3% oder 0,4%. Aber ein S&P 600 USA holt dir das locker wieder rein, was du bei deinem Dividenden-ETF an (manchmal auch magerer) Dividende verschenkst.
    So, bin gespannt, für wie verrückt du mich mit meinen Ansichten hältst.

    1. Hi Mikebond,

      Danke für deine detaillierte Darstellung deiner persönlichen Strategie. Aber zur Klarstellung: Ich bespare einen FTSE-All World von Vanguard und einen Dividenden-ETF von Ishares (Global Stoxx 100). Der Vanguard hat je nach Kurs eine Ausschüttungsrendite von ca. 2,7%, der IShares je nach Kurs eine Div-Rendite von 3,9 bis 6 %. Damit fahre ich eigentlich ziemlich gut und auch wenn Div-ETFs langfristig schlechter abschneiden als WELT-ETFs, ist es mir das (aktuell noch) wert. Ansonsten kannst du bei Interesse hier mein Vorgehen bezgl. des WELT-Etf nachlesen und warum ich diesen Weg verfolge und kein Portfolio nach Kommer: https://www.finanzguerilla.de/welt-etf-als-altersvorsorge/.

      Das Tolle an der Altersvorsorge ist ja, dass viele Wege nach Rom führen und welche Strategie die „beste“ ist, weiß man meistens eh erst am Ende wenn abgerechnet wird. Daher möchte ich hier jetzt gar nicht auf deine Strategie eingehen und sie „kritisieren“ oder ähnliches. Mich würde aber speziell bei deinem Vorgehen interessieren, wie du die nachfolgenden „Probleme“ für dich gelöst hast:

      – Teilweise hast du starke Überschneidungen von Unternehmen. Macht das Sinn? Bsp. sind im S&P 500 teilweise die gleichen Unternehmen enthalten wie im MSCI World. Wird hier nicht Potenzial verschenkt? Bei einem ACWI hast du auch einen US-Anteil von über 50%.

      – Stichwort Vorabpauschale der Steuer in Deutschland: Hast du dann immer genug Cash auf dem Verrechnungskonto liegen, um die Vorabsteuer bei deinen Thesaurierern zu bezahlen? Meine Überlegung: Wenn das Depot irgendwann mal im sehr guten 6-stelligen Bereich ist, kann sich diese Vorabsteuer im vier bis fünfstelligen Bereich bewegen. Da du aus den Thesaurierern keinerlei Rückflüsse hast, musst du diese Steuern quasi aus dem Cash bezahlen. Mit ein Grund wieso ich aktuell lieber Ausschütter bespare, auch wenn der Zinseszinseffekt dort nicht soooo gut funktioniert wie bei Thesaurierern

      – Stichwort Rebalancing: Stellst du jedes Jahr wieder die prozentuale Grundaufteilung her? Wie machst du das denn steuer- und renditeschonend? Falls du das mit Nachkaufen machst: Wie machst du das dann wenn das Portfolio stark gewachsen ist und du zum rebalancen 5-stellige Beträge benötigst?

      – Deine Argumentation mit den Small-Caps finde ich gut. Hier hast du auch definitiv recht, was die Überrendite betrifft. Ich habe aktuell aber keine, da ich der Meinung bin, dass die Geldpolitik der EZB aktuell viele kleinere Unternehmen künstlich am Leben hält (Stichwort Zombie-Unternehmen). Ich warte daher bezüglich Small-Caps erstmal eine größere Korrektur bzw. Normalisierung der Zinsen ab. So lange bleibe ich eher auf der „sichereren“ Seite mit den globalen Dickschiffen.

      Deine Einstellung zu Pharma teile ich absolut. Wenn es immer mehr Menschen gibt, wird es auch immer mehr Bedarf an Gesundheitslösungen geben. Daher bespare ich auch einige Pharma-Titel über eine Beteiligungsgesellschaft. Einen Pharma-ETF habe ich jedoch nicht.

      Liebe Grüße,
      Andreas

  4. Hallo Marco,

    Konnte mich jetzt schon nicht mehr an diesen Beitrag hier erinnern 🙂 Aso, ich habe ganz leicht ummodelliert. Und zwar bin ich mittlerweile der Meinung dass das ganze Smart-Beta Gedöhns, Multifactor ETF usw. nicht sein muß. Ich habe den Dividenden-ETF verkauft (war noch nicht viel drin) und nutze das Geld das ich da mehr habe zum Kauf von Einzelaktien jeden dritten Monat. Je nachdem welche Aktie grad lohnt. Behalten hab ich nur noch den World und Emerging Markets ETF den ich auch weiter bespare.

    Die Sache ist einfach: Es gibt eigentlich keinen Smart-Beta ETF der die Ansprüche umsetzen könnte auf die ich achte. Das was am nächsten dran kommt ist das Dividenden-Adel Zertifikat, aber das ist halt ein Zertifikat, ein anderes Produkt. Aber die Anforderungen stimmen hier eher denn die meisten Dividenden-ETFs schauen nur auf hohe Dividendenrendite und das war’s dann auch fast schon. Im Amerika gibt es da bessere Produkte, etwa in der Art des Vanguard Dividend Appreciation ETF den man hier aber meist nicht handeln kann. Kommt aber vielleicht noch da Vanguard ja stärker in Europa aktiv ist mittlerweile. Ich glaube punkto ETFs sollte man sich hauptsächlich auf die Brot- und Butter-ETFs die sehr breit diversifiziert sind. Mehr braucht man nicht. Das andere ist nur Marketing von den FOnds-Gesellschaften die immer was neues auf den Markt bringen wollen 🙂

    1. Hallo Sacha,
      das war meine initiale Überlegung World und EM als „Core“ und Einzelaktion aus dem Aktienfinder und dem Dividenkalender selektieren.
      Die Einzelaktien einfach als Sparplan laufen lassen.

      Die Idee mit einem Performance Dividenden ETF der natürlich viel besser diversifiziert ist als meine 15 Einzelaktien erschien mir sehr gut und wäre sehr einfach zu handhaben. Ich hatte mit den Vandguard A1T8FV ausgesucht. Die Möglichkeit das zukünftig eine meiner Einzelwerte durch die Decke geht hätte ich mir natürlich genommen aber dafür wäre es sehr simple.

      VG Marco

  5. Hallo,
    inzwischen ist über ein Jahr vergangen, bist Du der Strategie treugeblieben ???
    Ich bin durch Zufall auf Deinen Bericht gestoßen weil ich nach Dividenden ETF in Kombination mit klassischen MSCI World/EM gesucht habe und dieses gerne umsetzten würde.
    Zu dieser Dreierkombi hätte ich auch (wenn auch wenige) Einzelaktien im Depot, welche monatlich per Sparplan gespart werden.
    Mich wundert es etwas das diese Strategie wenig genannt wird …
    VG Marco

  6. Hallo,

    Sehr interessant. Fühlte mich gerade angesprochen. Der Text hätte von mir sein können 🙂 Genau das ist auch meine Strategie. Ich bin sicher kein Experte, habe aber nach über einem Jahr Information und Recherche dieses Jahr angefangen, aber meine Gedanken waren die gleichen. 2 ETFs als Basis, World und EM. Desweiteren dann die Dividendenstrategie mit Einzelaktien fahren (bis zu ca. 25 Stück) und einem Dividenden-ETF parallel dazu. Ich denke das ist ein sehr guter Kompromiss.

    Viele Grüße,
    Sacha

    1. Ja ich habe auch vieles ausprobiert und vieles wieder fallen gelassen, weil ich es auf Dauer (und das sollte ja beim Value-Investing das Ziel sein) vermutlich nicht durchhalten würde. Diese Strategie passt mir momentan perfekt und läuft weitestgehend auch automatisch. Bei Bedarf kann ich die Dividende aber auch benutzen, um stark abgestürzte Titel nachzukaufen, also auch selbst Hand anlegen. Gruß

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