In dubio pro libertate

In dubio pro libertate – Im Zweifel für die Freiheit. Heute möchte ich mal meine Meinung zu den aktuellen Geschehnissen in der Welt zum Besten geben und aufzeigen, wieso ich der absoluten Meinung bin, dass Freiheit und Eigenverantwortung heutzutage so extrem wichtig sind, meine Meinung nach sogar wichtiger als noch vor wenigen Jahren und Jahrzehnten. Und damit meine ich nicht nur die Eigenverantwortung in Bezug auf die Finanzen oder die eigene Rente.

Nachfolgender Text soll aber kein Plädoyer für irgendeine politische Partei, politische Richtung oder sonstige Wahlwerbung sein. Nichts liegt mir ferner. Es sind lediglich Gedanken, die mir in letzter Zeit vermehrt kommen, wenn ich die aktuelle Entwicklung in der Welt beobachte. Oft wird sogar einem falsch verstandenen Verständnis von Freiheit die Schuld am Übel der Welt (auch gerne in Persona des Kapitalismus*) gegeben.


Inhaltsverzeichnis

Ursprung in der Antike

Zunächst einmal zur gewählten lateinischen Überschrift: In „dubio pro libertate“ heißt vom Lateinischen ins Deutsche übersetzt so viel wie „Im Zweifel für die Freiheit“.

[Der eine oder andere mag den Ausspruch „in dubio pro reo“, landläufig übersetzt als „im Zweifel für den Angeklagten“, aus der Gerichtssprache kennen. Wenn die vorgebrachten Beweise nicht zur Tatüberführung ausreichen oder es Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten gibt, ist das Gericht angehalten, im Zweifelsfall für den Angeklagten zu entscheiden und ihn ggf. freizusprechen.]

Ursprünglich stammt die Abwandlung „in dubio pro libertate“ aus der römischen Antike. Hintergrund war, dass ein Sklave so lange als frei zu gelten habe, bis nicht zweifelsfrei ein Dokument vorliegt, welches das Gegenteil bestätigt.

Hier gehe ich aber auf die neuzeitliche Bedeutung der Redewendung ein. In der Neuzeit wird die Redewendung benutzt, um auszudrücken, dass im Zweifelsfall stets zugunsten einer freien Grundrechtsausübung entschieden werden solle. Und das nicht nur im Gericht, sondern in allen Bereichen des menschlichen Lebens.

Zweifel (dubio) ist allgegenwärtig

Vielleicht ist es Einbildung meinerseits oder ich unterliege einer Wahrnehmungsverzerrung, aber ich bin der Ansicht, dass in der heutigen Zeit sehr viele Zweifel vorherrschen und sich bei mir zumindest in einem komischen Bauchgefühl äußern. Ich würde behaupten, dass die Zweifel sogar stärker sind, als noch vor sagen wir mal 10-15 Jahren. Woran mache ich meine Behauptung fest? Nunja, ich schaue mir die Welt an und ziehe meine Schlüsse (ob sie nun richtig sind oder nicht).

Unsicherheiten

Vielleicht erkennst du dich selbst in manchen der nachfolgenden Zweifeln bzw. Fragestellungen ja auch wieder:

  • Kommt es bald zum Krieg (Nord-Korea, Russland etc)?
  • Kommt es zum Handelskrieg mit den USA und China?
  • Gehen der Euro und die EU zugrunde?
  • Kommt es zu einer Erstarkung der politischen Rechten?
  • Wie sicher sind unsere Renten?
  • Kommt es zu einer Überfremdung oder Islamisierung in Deutschland/Europa?
  • Nimmt die Bundesregierung ihre Aufgaben noch ausreichend motiviert wahr?
  • Wie sicher sind der Finanzmarkt und mein Geld auf der Bank?
  • Droht Enteignung im Falle einer Staatskrise?
  • Wie sicher ist meine Immobilie im Falle einer Staatsschuldenkrise in Deutschland (Stichwort: Zwangshypothek)
  • Macht es Sinn einen Bunker zu bauen und sich für den Tag des Jüngsten Gerichts zu verbarrikadieren? Oder lieber ganz auswandern und als digitaler Nomade* durch die Welt streifen, einfach so lange wie mein Körper das mitmacht?
  • Wie geht es weiter wenn die Digitalisierung die meisten Jobs in den nächsten Jahren überflüssig macht?

Weitere Unsicherheiten

  • Macht ein bedingungsloses Grundeinkommen Sinn? Wer bezahlt es?
  • Sind Aktien auch noch in den nächsten Jahrzehnten lukrativ oder erleben wir ein großes Konzernsterben durch die Disruptionen der Digitalisierung?
  • Soll ich überhaupt ein Kind in diese Welt setzen?
  • Sind die Ehe und Monogamie noch zeitgemäß?
  • Wie lange möchte ich meinen Beruf noch ausüben oder ist es vielleicht Zeit für einen Jobwechsel und Neuorientierung?
  • Darf ich morgen noch mein (Diesel-)Auto fahren?
  • Brauche ich in den nächsten Jahren überhaupt noch ein Auto oder macht das aus mehreren Gründen vielleicht gar kein Sinn mehr?
  • Gibt es einen Gott und macht Religion insgesamt überhaupt Sinn?
  • …..

Das sind jetzt nur ein paar plakative Fragen, aber ich glaube du kannst dir denken, was ich mit den herrschenden „Zweifeln“ oder Unsicherheiten meine.


Nicht nur die Generation Y zweifelt

Ursprünglich bin ich davon ausgegangen, dass diese Zweifel eher eine „Krankheit“ der Generation Y  und ihrer Vertreter sind und aus der Überforderung aufgrund der Vielzahl an Auswahlmöglichkeiten der Lebensführung resultieren. Sprich die Zweifel kommen aus dem Aufwachsen in existenzieller Sicherheit in einer führenden westlichen Gesellschaft. Kann man auch genauso bei der Generation Z beobachten.

Ein Kritiker mag dieser Generation durchaus eine Haltung vorwerfen wie:

„Klar, dass die sich einen Kopf um Dinge wie den Sinn des Lebens (übrigens 42 ;-)), Work-Life-Balance etc. machen können. Hätte ich als Kind/Jugendlicher Alles in den Arsch geblasen bekommen, würde ich auch auf solche Ideen kommen. Die langweilen sich doch nur, anstatt endlich mal ordentlich zu schaffen wie früher. Da waren 50-60 Stunden Wochen normal und Burnout gab‘s auch nicht…“.

Nicht nur die jungen Menschen zweifeln

Vielleicht kennst du auch Menschen, die so oder so ähnlich über die nachwachsende Generation sprechen. Wie ich die Generation Y weiter einschätze und wieso ich sie dennoch für sympathisch und zukunftsfähig halte, habe ich in diesem Artikel damals umschrieben.

Inzwischen stelle ich aber fest: Der Zweifel beschränkt sich nicht nur auf diese Generation.

Auch bei den Menschen jenseits der 40 oder 50 sind die Zweifel und das allgemeine Hinterfragen bereits angekommen. Nicht umsonst zehrt die AFD von einer starken Basis der Mittelschicht fortgeschrittenen Alters.

Selbst Personen über 80 entdecken Zweifel, die sie in dieser Form früher vielleicht nicht hatten. Überall nehme ich Unsicherheit, Misstrauen, Verschwörungstheorien und eine gewisse Endzeitstimmung wahr. Natürlich auch bevorzugt in den sozialen Netzwerken. Dazu noch die Popularität von Spiritualität (anderes Wort für Sinnsuche), Yoga und Konsorten. Sie scheinen auch irgendwie ein Resultat des aktuellen Zeitgeistes und der Richtungssuche zu sein.

Situation wie in der Antike?

Die ehemals römische Hochzivilisation ging bekanntermaßen unter, trotz eines unvergleichbar hohen Standards und kulturellen Vorsprunges in der damaligen Zeit. In einem Artikel auf Zeit-Online, wird für den Untergang des römischen Reiches angeführt (Zitat aus Zeit-Online):

(Anm. d. Autors: gemeint ist Dekadenz)

„…Dahinter steht eine Weltsicht, derzufolge jedes soziale Gebilde einem natürlichen, zwangsläufigen Entstehungs- und Verfallsprozess unterliegt. Dazu gehört, dass die ursprünglich zum Aufstieg beitragenden Eigenschaften nach einer Phase der Blüte in die Degeneration umschlagen.

Rom wuchs und wurde reich – und dann lief etwas schief. Zwar herrschte auch nach der Blütezeit des Reiches ein Wohlstand im gesamten Imperium, der über Jahrhunderte nicht mehr erreicht wurde. Aber die Verteilungsungerechtigkeit wurde zu krass. Knapp ein Prozent der 50 bis 80 Millionen Menschen, die um Christi Geburt im Römischen Reich lebten, teilten den Reichtum unter sich auf. Die Elite der Grundbesitzer, Staatsbeamten und Militärs lebte dank der hohen Steuereinnahmen aus den Provinzen im Überfluss, lateinisch „luxuria“…

… Die im Überfluss lebende Elite neigte offenbar zu Exzessen, die ihre Urteilsfähigkeit trübten und die Verteidigungsbereitschaft Roms schwächten…“ (Quelle)

Antikes Rom = EU?

Nun würde ich zwar nicht so weit gehen, dass ich der EU das gleiche Schicksal wie dem alten Rom prophezeien würde (auch wenn ein Italiener derzeit die EZB lenkt). Jedoch bereitet mir der Zustand der Bundeswehr z.B. durchaus Sorgen.

Wenn Kindertagesstätte für Soldaten_Innen (so richtig durchgegendert?) in den Kasernen scheinbar wichtiger sind als funktionierendes Equipment und Einsatzfähigkeit, dann kommen mir zwangsläufig solche Gedanken. Immerhin gilt: Wer sich zum Schaf macht, wird leichte Beute für die Wölfe.

Freiheit

Zurück zum Ausgangsthema. Freiheit und Eigenverantwortung ist in meinen Augen ein möglicher Ausweg aus dem Dilemma der Unsicherheiten und Zweifel. So stellte auch der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck in seinem Plädoyer „Freiheit“* fest, dass sich einer Gesellschaft und dem Einzelnen faszinierende Möglichkeiten auftun, wenn man im Stande ist, die Freiheit zu nutzen.

Gleichzeitig unterstellt Joachim Gauck jedoch auch gerade den Deutschen ein gestörtes Verhältnis zur Freiheit und eine zu große Obrigkeits- und Staatshörigkeit. So zitiert er in „Freiheit“ auf Seite 7 den Dichter Heinrich Heine (Quelle: Heinrich Heine, Englische Fragmente*), der wiederum England, Frankreich und Deutschland in Bezug auf ihre Freiheitsliebe vergleicht (Zitat):

„Der Engländer liebt die Freiheit wie sein rechtmäßiges Weib. Er besitzt sie, und wenn er sie auch nicht mit absonderlicher Zärtlichkeit behandelt, so weiß er sie doch im Notfall wie ein Mann zu verteidigen.

Der Franzose liebt die Freiheit wie seine erwählte Braut. Er wirft sich zu ihren Füßen mit den überspanntesten Beteuerungen. Er schlägt sich für sie auf Tod und Leben. Er begeht für sie tausenderlei Torheiten.

Der Deutsche liebt die Freiheit wie seine Großmutter.“


Fazit: in dubio pro libertate – Mehr Freiheit wagen!

Ich bin daher der absoluten Ansicht, dass individuelle Freiheit ein Samen ist, aus dem stets Gutes wächst. Zu Freiheit gehört natürlich zwingend auch Eigenverantwortung und Reife. Somit ist Freiheit auch nicht gleichbedeutend mit Anarchie, denn dort wird der Eigenverantwortung kein großer Wert beigemessen und die eigene Freiheit ist stets von dem guten Willen der Anderen abhängig (eindrucksvoll zu sehen im Film „The Purge„*).

Wenn also die Welt voll von Zweifel ist (siehe oben), dann kann meiner Meinung nach in der Freiheit ein Ausweg liegen, um die Sache dann doch noch zum Guten zu wenden. Im Zweifel also für die Freiheit, da geht am wenigsten kaputt.

Die Freiheit muss jedoch bei Bedarf auch geschützt werden können, sonst droht der westlichen Welt eventuell ein ähnliches Schicksal wie dem antiken Rom. Somit kann ich für mich den Ausspruch „in dubio pro libertate“ in den aktuell unsicheren Zeiten absolut bejahen.

Zum Abschluss noch ein sehr gelungenes und für mich sehr inspirierendes Gedicht von dem Arzt, Philosoph und Dichter Albert Schweitzer, welches die obige Thematik mehr als auf den Punkt bringt und letztendlich alles sagt was auch in Deutschland heute vielleicht mal gesagt werden muss:

Albert Schweitzer – Ich bin ein freier Mensch (Zitat)

„Ich bin ein freier Mensch

Ich will unter keinen Umständen ein Allerweltsmensch sein.

Ich habe ein Recht darauf, aus dem Rahmen zu fallen – wenn ich es kann.

Ich wünsche mir Chancen, nicht Sicherheiten.

Ich will kein ausgehaltener Bürger sein, gedemütigt und abgestumpft, weil der Staat für mich sorgt.

Ich will dem Risiko begegnen, mich nach etwas sehnen und es verwirklichen, Schiffbruch erleiden und Erfolg haben.

Ich lehne es ab, mir den eigenen Antrieb mit einem Trinkgeld abkaufen zu lassen.

Lieber will ich den Schwierigkeiten des Lebens entgegentreten, als ein gesichertes Dasein führen; lieber die gespannte Erregung des eigenen Erfolgs als die dumpfe Ruhe Utopiens.

Ich will weder meine Freiheit gegen Wohltaten hergeben noch meine Menschenwürde gegen milde Gaben.

Ich habe gelernt, selbst für mich zu denken und zu handeln, der Welt gerade ins Gesicht zu sehen und zu bekennen:

Dies ist mein Werk!

Das alles ist gemeint, wenn ich sage: Ich bin ein freier Mensch.“

Albert Schweitzer (1875-1965)

6 Kommentare

  1. Hm. Ich ziehe die Freiheit der übermäßigen Gleichheit vor und bevorzuge einen Kapitalismus, der eine echte soziale Marktwirtschaft ist, ggb Systemen mit zuvielen staatlichen Eingriffen und vulgären Ausprägungen des Anarchokapitalismus (siehe Finanzkrise).

    Aber das Zitat aus dem alten Rom verrät auch viel über unsere Zeit: „Aber die Verteilungsungerechtigkeit wurde zu krass. Knapp ein Prozent der 50 bis 80 Millionen Menschen, die um Christi Geburt im Römischen Reich lebten, teilten den Reichtum unter sich auf. „

  2. Danke fuer den inspirierenden Artikel – Ich finde mich dort sehr stark wieder.

    Ohne Freiheit ist alles andere nichts und lieber temporaere Armut und Leiden mit der Chance auf ein freies Leben als permanente aber dafuer chancenlose Vollversorung in Unterdrueckung.

    1. Danke für dein Feedback!

      Wer weiß, vielleicht kommt es ja tatsächlich mal zu einer baldigen Rennaissance der Freiheit. Aktuell habe ich da leider wenig Hoffnung. Die Welt geht immer mehr Richtung Regulierung, Subventionierung und saturiertes „Wohlfühl-Klima“ für alle. Schade.

      Gruß

  3. Richtig guter Artikel. Danke dafür!

    Freiheit ohne Verantwortung geht eben nicht. Aber Verantwortung zu übernehmen muss eben auch gelernt sein und will gefordert/gefördert/belohnt werden. An dieser Stelle klemmt es dann doch ziemlich oft.
    Wenn man dann noch eine Brise (Menschen)Liebe hinzu nimmt, dann kann fast davon träumen das ein oder andere Übel unserer Zeit doch noch zu überstehen.

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